Unser Projekt unterteilt sich in zwei hauptsächliche Themengebiete: die Erstellung des Datenraums und die Analyse der Daten.
Resilienzanalyse
Was ist Resilienz?
Vereinfacht gesagt befindet sich ein System ohne Einwirkung einer externen Krise im Normalzustand und erbringt eine normale Leistung.
Beispiel: Krankenhaus A hatte zwischen 2016 und 2019 im Tagesdurchschnitt 20 freie Betten.
Durch das Eintreten einer Krisensituation wird dieser Normalzustand plötzlich gestört; die Systemleistung fällt auf einen Minimalwert.
In den ersten Monaten der Corona-Pandemie hat Krankenhaus A nie Betten frei, also einen Durchschnitt von 0 freien Betten.
Je nach Situation und getroffenen Maßnahmen erholt sich das System langsam oder schnell vom Leistungseinbruch. Die Systemleistung stabilisiert sich schließlich auf dem alten oder auch einem neuen Niveau.
Krankenhaus A hat nach 7 Monaten allmählich wieder freie Betten; 2022 liegt der Durchschnitt bei 19 freien Betten.
Und damit kommen wir zur Ausgangsfrage zurück: Je geringer der maximale Leistungseinbruch und die Erholungszeit des Systems, desto resilienter ist es.
Was wollen wir untersuchen?
Betrachten wir ein weiteres Beispiel:
Krankenhaus B hatte zwischen 2016 und 2019 im Tagesdurchschnitt 50 freie Betten. In den ersten Monaten der Corona-Pandemie hat Krankenhaus B durchschnittlich 0 freie Betten; nach 11 Monaten sind wieder durchschnittlich 55 Betten frei.
Klar ist, dass sich die Krankenhäuser A und B in ihrer Entwicklung unterscheiden. Wenn wir den Grund dafür kennen würden, könnten wir die Bettenverfügbarkeit allgemein optimieren – was im Ernstfall Menschenleben retten könnte. Sicherlich können medizinische Fachkräfte aus ihrer Erfahrung bewerten, was hier oder dort besser gelaufen ist. Allerdings wird das umso schwieriger, je mehr verschiedene Krankenhäuser wir mit in die Betrachtung einbeziehen; und in Deutschland gibt es davon weit über 1000. Außerdem können auch bisher unbeachtete bzw. unbekannte Faktoren einen Einfluss haben.
Unser Ziel ist es daher, möglichst viele Daten zu sammeln, um faktengestützt auswerten zu können, welche Systeme wo, wie und warum am besten funktionieren — nicht nur die beispielhaft genannten Krankenhäuser.
Was wollen wir erreichen?
Die anfangs beschriebene Systemleistung ist links als beispielhafte Leistungskurve über die Zeit dargestellt. Gleichzeitig sind in der Grafik die fünf Phasen der Resilienz eingetragen:
Prepare: »Wie kann ich mich möglichst gut gegen Krisen aufstellen?«
Prevent: »Wie kann ich eine entstehende Krise entschärfen?«
Protect: »Wie kann ich beim Eintritt der Krise den Schaden minimieren?«
Respond: »Wie kann ich die Auswirkungen der Krise reduzieren?«
Recover: »Wie kann ich mich am besten von der Krise erholen?«
Wir wollen einerseits mithilfe von Daten analysieren, welche Entscheidungen in diesen fünf Phasen einen wesentlichen Einfluss auf die Systemleistung hatten. Das würde eine objektive, faktenbasierte Diskussionsgrundlage für bislang eher subjektive Wahrnehmungen (beispielsweise die Aussage: »Wir waren schlecht auf Corona vorbereitet.«) liefern.
Außerdem wollen wir herausfinden, was gute Vorbereitung und gutes Krisenmanagement ausmacht — um damit Entscheidungsträgern eine Entscheidungsgrundlage zu liefern.
Was leisten unsere Partner?
Mit dem Fachwissen erfahrener Krisenmanager — seien es Feuerwehrleute, Katastrophenschützer oder politische Entscheidungsträger — können wir nicht mithalten; und das wollen wir auch gar nicht. Wir freuen uns vielmehr, viele hoch kompetente Partner an Bord zu haben, die ihren Erfahrungsschatz mit uns teilen: Wie wichtig ist beispielweise die Dauer eines Stromausfalls, die örtliche Versorgung mit Trinkwasser, die Gebrauchstauglichkeit einzelner Gebäude oder die staatliche finanzielle Unterstützung? Welche Daten sind kurzfristig besonders wichtig, fehlen aber bisher?
Datenraum
Architektur und Infrastruktur
Um belastbare Ergebnisse zu erhalten, benötigen wir für unsere Analyse möglichst viele möglichst fein aufgelöste Daten. Daher arbeiten wir an der Erstellung eines Datenraumes mit möglichst vielen Teilnehmern — die alle von unseren Analysen profitieren können und sollen.
Datenschutz und ‑souveränität sind uns dabei sehr wichtig. Die Daten sollen unter Einhaltung strenger Souveränitätsstandards dezentral verwaltet und multilateral verwertet werden. Durch die Verwendung einer standardisierten Infrastruktur wollen wir dabei eine niedrigschwellige Teilnahme sicherstellen.
Dafür arbeiten wir an einem System von Datenkonnektoren, die die Datenlieferanten mit den Datennutzern verbinden.
Vorbehandlung
Aufgrund der Vielzahl der vorhandenen Datenquellen und -sätze arbeiten wir mit modernen Methoden an der Erstellung eines Metadaten-Katalogs, um einen möglichst vollständigen Überblick zu erhalten, welche Daten wo in welcher Qualität und Aktualität verfügbar sind.
Außerdem gilt es, die Daten auf eine einheitliche Basis zu bringen — so waren bisher aufgrund unterschiedlicher Formate und Auflösungen beispielsweise Sozial- und Wetterdaten nicht ohne Weiteres miteinander kombinierbar.
Eckdaten zum Forschungsprojekt
Name
HERAKLION – Heuristische Resilienzanalysen für Kommunen mittels Datenraumfunktionalitäten
Projektart
BMBF-Projekt, gefördert im Rahmen der Sicherheitsforschung (www.sifo.de)
Laufzeit
3/2022 – 2/2026
Fördergeber
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Budget
5,6 Mio. €
Zielsetzung
Datenraum-Demonstrator für die Anwendungsfälle Pandemie und Extremwetter
Kurzpräsentationen finden sich auch auf den Webseiten der Konsortialpartner EMI und ISST.